Unser Chef – mein Freund
Bei einem individuellem Coaching einer Führungskraft stellte sich als zentrales Thema heraus, dass Chef mit einem Teil seiner Führungsmannschaft eng befreundet ist. Diese Freundschaften sind vor langer Zeit entstanden, als man noch zusammen studierte oder als Kollegen zusammen arbeitete. Soweit, so nachvollziehbar. Jetzt zerfällt das Team seiner Führungskräfte in Menschen mit und ohne „Freundschaftsbonus“. Was ist zu tun? Wo lauern die Gefahren?
Mir fällt sofort mein Vater ein, der eine Zeitlang mein Trainer in einer Mannschaftssportart war – das war kein Zuckerschlecken für mich. Nix mit Bonus, ich musste besser sein als alle anderen. Aber gebt es zu, ihr habt sofort nur daran gedacht, dass es die „alten Seilschaften“ besser haben als der Rest der Mannschaft. Aber so einfach ist das nicht.
- Wie stelle ich mich als Führungskraft gegenüber meinen Freunden auf?
- Wie sichere ich die Balance zwischen Gleichbehandlung und individueller Führung?
- Was gibt es zu tun, damit das Team untereinander keine Hack Ordnung zulässt?
Die universelle Antwort lautet für mich – Transparenz. Den dicken rosafarbenen Elefanten im Raum ansprechen. Beginnen würde ich mit Einzelgesprächen mit den Freunden. Dabei kann man Fragen stellen, die überraschende Erkenntnisse bringen werden. Was erwartest Du von mir als Führungskraft? Wie wollen wir unsere Freundschaft in Zukunft leben? Wobei hast Du die größten Sorgen? Ich behaupte, dass die Antworten eine sehr gute Basis schaffen werden für Gleichbehandlung, offenes Visier und gegenseitiges Verständnis.
Im nächsten Schritt braucht der Elefant mehr Platz – das gesamte Führungsteam wird in einem (wie auch immer gearteten) Workshop mit genau dieser Aufgabe konfrontiert: wie schaffen wir es, dass sich alle hier wohlfühlen? Beginnend mit der aktuellen Situation und der Möglichkeit, das mit konkreten Erlebnissen, Erfahrungen und auch Ängsten zu illustrieren. Ziel dieses Abschnitts ist es, dass alle auf denselben Elefanten schauen, nicht jeder nur auf seinen.
Danach kann es sinnvoll sein, dass man erarbeitet, was dieses Team zukünftig auszeichnen soll und durch andere auch so wahrgenommen wird. Welche Führungskompetenzen möchten wir stärken? Woran ist man, wenn man mit uns zusammenarbeitet? Die Auflösung der 2 möglichen Lager in einer gleichberechtigten Einbindung bei der Entwicklung der Führungskultur ist der Schlüssel für mich. Alle stehen jetzt an der gleichen Startlinie.
Welches Risiko gilt es noch zu benennen? Richtig – „die Mühen der Ebenen“ (Bertold Brecht). Wenn der Chef bei der Begleitung der Einführung, Umsetzung und Verstetigung dieser neuen Führungskultur nicht bei allen im selben Maße individuell, wertschätzend, kritisch, helfend tätig wird, war alles umsonst. Ich vergebe diese besonders wichtige Aufgabe an meinen Buddy, da ich ihm ja 100% vertrauen kann – FALSCH! Wer ist zu diesem Zeitpunkt die richtige Person im Team, um diese wichtige Aufgabe so zu erfüllen, dass es den optimalen Mehrwert für das Unternehmen generiert – RICHTIG! Hey Bro, nimm mir das mal auch noch ab, Du weißt schon, was es zu tun gilt – FALSCH! Frage in die Runde: wer hat Kapazitäten für folgende Aufgabe – RICHTIG!
Und die Moral von der Geschichte – Klarheit schafft Freundschaft…und richtig starke Teams!