Wie ich als Chef ein Meeting zerstören kann

Es ist nicht neu, es ist nicht schwer zu verstehen – aber es scheint unendlich hartnäckig an der fehlenden Umsetzung zu hapern. Wie kann ich als Vorgesetzter absichern, dass eine Arbeitsbesprechung, ein Team Meeting, eine Statusrunde nicht erfolgreich für alle wird?

Schon in dieser Formulierung habe ich die erste Fangfrage versteckt: Für wen soll denn dieses Meeting einen Mehrwert generieren? Und wenn der Chef dabei nur auf seine Ziele schaut, beginnt schon das Dilemma („Ich muss nach oben berichten“, „Ich habe das früher auch so gehandhabt, das geht so am schnellsten“). Die Zielformulierung muss immer alle Erwartungen an den Erfolg abdecken, die in dieser Runde sitzen (alles andere ist Zeitverschwendung von vielen). Am besten gelingt das, wann man statt der Überschrift oder den Betreff des Meetings eine Frage wählt, die man in diesem Zeitfenster beantworten will. Beispiel gefällig?

  1. Statt „Meeting zum Projektstatus“ wählt man „Wo stehen derzeit alle Projektmitglieder im Zeitplan und was brauchen wir, um die nächsten Meilensteine pünktlich zu erreichen?“
  2. Statt „Vertriebscontrolling“ wählt man „Welche Maßnahmen sind notwendig, um unsere Vertriebskennzahlen in 2024 noch zu erfüllen?“
  3. Statt „Strategie 2025“ wählt man „Wo stehen wir bei der Umsetzung der Strategie 2024 und wie gestalten wir gemeinsam die strategischen Schwerpunkte für das Jahr 2025?“

So sind Ziele des Meetings bestimmt und man musste darüber nachdenken, wie alle in die Runde geholt werden konnten. Außerdem finde ich, dass man so ein bisschen das Gefühl der notwendigen Vorbereitung verpasst bekommt.

Dann stelle ich immer wieder fest, dass Vorgesetzte der Meinung sind, Moderation ist Chefsache. Dem Bedürfnis, zu kontrollieren und ggf. zu manipulieren wird hier Tribut gezollt. Die verheerenden Nachteile dieses Egotrips lauten für mich:

  1. Ich bin als Vorgesetzter mit der Doppelrolle überfordert – inhaltlich und emotional. Ich bewerte alles, was da kommt durch die Chefbrille und kann den Verpflichtungen eines Moderators nicht nachkommen (Dissonanzen aufspüren, offen Fragen zulassen, Pausen einlegen, überflüssige Diskussionen beenden).
  2. Als Teilnehmender überlegen ich mir meinen Redebeitrag eher, wenn ich keinen neutralen Moderator vor mir habe. Ich gehe schneller von der Sachebene auf die Emotionsebene, denn ich will gefallen und eher keine Konfliktdiskussion mit dem „Chefmoderator“, die Qualität des Meetings leidet deutlich. Ideen sterben einen frühen Tod.
  3. Die Agenda wird nicht an den Bedürfnissen aller Teilnehmer ausgerichtet, es fehlt der 360-Grad-Blick („Ich weiß doch als Chef, was hier dran ist“ – ist leider ein Irrtum)
  4. Der Blick auf Pünktlichkeit und Relevanz der Inhalte und das Recht, beides einzufordern, kann nur eine Moderation leisten, die die nötige Distanz aufbringt. Die Machtposition des Vorgesetzten widerspricht genau dieser notwendigen Distanz. Stellt euch vor, der Chef muss zweimal Ulrike unterbrechen wegen fehlender Relevanz, das kommt kurz vor dem Gefühl der Abmahnung.
  5. Die notwendige Visualisierung/Dokumentation darf nicht untergehen, sonst fehlen die Verbindlichkeiten für das gemeinsame Verständnis und die nachfolgenden To-Do’s. Auch hier gilt: Was haben wir alle verstanden und vereinbart und keine clever modellierten Protokoll Stichpunkte, die so nicht verabschiedet wurden. Hier sollte es immer eine Schlussrunde geben „Was nimmst Du heute mit? Was haben wir Deinem Verständnis nach vereinbart?“ Diese Geduld hat der Chef weniger, ihm/ihr war doch alles sonnenklar.

Also liebe Vorgesetzte – bitte niemals Meetings selbst verantworten und leiten. Sucht euch eine Moderation, die das kann und will. Das darf gern wechseln in der Runde, dann bekommt jeder mal das Gefühl für diese Aufgabe und die Leistung, die dahinter steckt. Spätestens nach der ersten eigenen Party hat man eine andere Einstellung zu Vorbereitung, Disziplin und Eigenverantwortung in einem Meeting. Zurücklehnen und den Chef tanzen lassen, geht dann nicht mehr. Guter Gedanke? Viel Erfolg beim Ausprobieren liebe Chefs!

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