Was sind Negativity und Optimism Bias – und wie wirken sie im Arbeitsalltag?

Der Negativity Bias beschreibt den Effekt, dass unser Gehirn deutlich stärker auf negativ als auf positiv Erlebtes reagiert. Dies ist der Grund, warum wir uns Beleidigungen besser merken können als Komplimente oder der wunderschöne Spaziergang mit der Familie in den Hintergrund rückt, weil am Ende ein Auto uns fast überfahren hätte. Der Fokus auf Negatives war für unsere Vorfahren überlebenswichtig, um frühzeitig Gefahren zu erkennen. So weit so nachvollziehbar.

Unterstützung gesucht?

Ihr braucht Unterstützung bei Deeskalationsworkshops oder Konfliktmanagementtrainings? Dann meldet euch zu einem kostenfreien Beratungsgespräch gerne bei uns.

Da wir heute aber deutlich weniger  von Raubtieren bedroht werden oder nicht mehr völlig schutzlos Naturgewalten ausgesetzt sind, hat der Negativity Bias seine ursprüngliche Funktion eingebüßt und beschert eher destruktive Ergebnisse. Wir haben es dabei mit Konsequenzen im Umgang miteinander zu tun, vor allem im beruflichen Kontext. Wir haben Schwierigkeiten, Kritik anzunehmen, auch wenn sie konstruktiv ist. Wir sind skeptischer oder sogar misstrauisch gegenüber unseren Kolleg*innen und wir erleben häufiger Angstzustände, wenn Veränderungen am Arbeitsplatz anstehen. Auf diese Weise kann der Negativitätsfokus in unserem Gehirn unsere Leistungsfähigkeit in allen Lebensbereichen einschränken und vor allem auch unsere Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen.

Ich habe gerade der Assistentin eines Geschäftsführers mit einem überdimensionalen „Mecker-Gen“ den Vorschlag gemacht, jeden Tag, bevor sie nach Hause geht, aufzuschreiben, was heute gut gelaufen ist und das an ihren Bildschirm zu heften. Damit schließt sie den Tag mit positiven Gedanken ab und startet den nächsten Tag mit einem Lächeln. Wir haben es gleich geübt und es fiel ihr sehr schwer, diese Sichtweise auf ihr Arbeitsumfeld zuzulassen.

Das interessante Gegenstück zum Negativ Bias ist für mich der Optimism Bias. Diese Optimismus-Voreingenommenheit ermöglicht es uns, neue oder schwierige Dinge auszuprobieren, weil wir zuversichtlich sind, dass sie gut gehen werden. In der menschlichen Evolution hat uns diese Eigenschaft sehr gute Dienste geleistet und deshalb neigen wir aber im Ergebnis gern mal dazu, die Zukunft „falsch“ vorherzusagen – nämlich zu optimistisch. Wir denken also, dass wir ein gewisses Maß an Kontrolle über die Welt ums uns herum ausüben, einschließlich dessen, was in Zukunft mit uns geschehen wird. Außerdem gehen wir gern davon aus, dass wir als Individuum mehr positive Eigenschaften  besitzen, als der Durchschnittsmensch.  Schlussendlich wirkt sich natürlich Optimismus auf die geistige und körperliche Gesundheit positiv aus, aber wir sollten die rosa Wolken ab und zu kritischer betrachten.

Ich empfehle dafür die Technik des Advocatus Diaboli – wir nehmen uns etwas vor und bevor wir euphorisch loslegen, stellen wir uns eine Frage: Was muss passieren, damit dieses Vorhaben richtig in die Hose geht? Diese Risiken schreiben wir jeweils auf kleine Zettel und ordnen sie dann in einer Matrix an. Die Achsen der Matrix heißen „Eintrittswahrscheinlichkeit“ und „Grad der Auswirkung“ und alle Zettel, die im oberen rechten Quadranten landen, müssen wir beachten und bestenfalls mit einer Maßnahme eliminieren. Das ist anwendbar sowohl für die Organisation des eigenen runden Geburtstag als auch für die nächste Projektgruppe im Job.

Die Natur hat uns Menschen schon ziemlich clever ausgestattet, damit wir aus der Vergangenheit lernen und in die Zukunft denken können. Aber es ist noch cleverer, diese Gesetze zu kennen und sie zu nutzen.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beitragskommentare